Interview Hans-Jürgen Börner zum Gysi-Rücktritt: “Notwendig!“
Interview Hans-Jürgen Börner zum Gysi-Rücktritt: “Notwendig!“
Zum Rücktritt von Gregor Gysi – der ehemalige ARD-Korrespondent Hans-Jürgen Börner auf dbate.de: “Gysi hat seine Vergangenheit eingeholt!“
Den Rückzug von Gregor Gysi vom Fraktionsvorsitz der Linken findet Hans-Jürgen Börner, ehemaliger ARD-Korrespondent in der DDR „bitter notwendig“. Auf der Videoplattform dbate.de urteilt der Journalist: „Gysi belastet seine politische Vergangenheit. Er hat den Zeitpunkt verpasst, wann man sagen muss: Ich habe als Anwalt in der DDR mit der Stasi zu tun gehabt.“
Seinetwegen könne Gysi ruhig mehrere Bundesverdienstkreuze bekommen. Die Versöhnung eines großen Teils der 18 Millionen Ex-DDR-Bürger mit der Bundesrepublik sei auch ein Verdienst. Dem „zur Zeit größten Oppositionspolitiker aller Zeiten“, so Börner, wird es vielleicht sogar zu verdanken sein, dass Rot-Rot-Grün im Bund eines Tages zustande kommt. Hans-Jürgen Börner, der in mehreren Filmen für die ARD Gysis möglichen Stasi-Kontakten nachging, wirft dem Linken-Politiker jedoch vor, sich seiner DDR-Vergangenheit nie öffentlich gestellt zu haben. „Umso merkwürdiger ist es für mich, dass er sich nie kritisch mit seiner Vergangenheit in Bezug auf Rechtsanwaltstätigkeit und dem Verdacht einer Kooperation mit der Stasi auseinandergesetzt hat. Wir wollten eine Erklärung haben, aber er verweigert sie. Insofern kann dieser Rücktritt mit diesem Lebensteil von Gregor Gysi zusammenhängen.“
Zu den Ermittlungen der Hamburger Staatsanwaltschaft wegen einer möglichen falschen eidesstattlichen Versicherung Gysis, zu keinem Zeitpunkt über Mandanten oder sonst jemanden wissentlich und willentlich an die Staatssicherheit berichtet zu haben, sagt Börner „Es ist in der Bundesrepublik einmalig, dass nun ein Justizsenator sich mit der Vita eines sehr prominenten Politikers beschäftigen muss.“ Dabei habe ursprünglich Gregor Gysi selbst Börner zu seinen Recherchen animiert. Als der ehemalige ARD-Korrespondent für den NDR einen Film über seine eigene Bespitzelung in der DDR drehte, habe ihm Gysi nach einem Interview gesagt: „Nun machen Sie doch mal einen Film über meine Stasi-Akten!“ Börner habe den Faden aufgenommen und Gysi nach der Lektüre von dessen Stasi-Akte um ein Interview gebeten. „Da ließ Gysi dann durch seinen Bürochef sagen“, so Börner, „er sehe sich weder zeitlich noch und inhaltlich in der Lage, für ein Interview zur Verfügung zu stehen. Das war charmant. Aber wir waren auch nicht blöd – und haben den Film mit genau diesem Statement gesendet.“
Veröffentlicht am: 07.06.2015 in Interview
-
dbateRedaktion
-
dbateRedaktion
-
dbateRedaktion
Related Content

Impfpflicht in der Diskussion - Interview und Stimmen zur Coronaimpfung
Seit Beginn des Jahres 2021 beschäftigt das Thema Impfen die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland. Wie stehen sie zu einer Impflicht?

Interview mit Olaf Scholz aus "Wege zur Macht"
Die SPD entschied sich früh für ihren Kanzlerkandidaten Olaf Scholz. Dennoch steckte die Partei lange im Umfragekeller fest.

Interview mit Armin Laschet aus "Wege zur Macht"
Im Interview spricht Laschet über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten von CDU und CSU sowie über Pannen und Fehltritte im Wahlkampf.

Interview mit Annalena Baerbock aus "Wege zur Macht"
Im Interview spricht die Annalena Baerbock über die "großen Fragen" die Deutschland in den nächsten Jahren bevorstehen und wie die Grünen eine Führungsverantwortung übernehmen wollen.

"Genau genommen bin ich Geschichtenerzähler" - Skype-Interview mit Wolfgang Niedecken
Wolfgang Niedecken feiert am 30. März seinen 70. Geburtstag. Im dbate-Interview blickt der Kölner Sänger auf Kindheitserinnerungen zurück.

Autor Stephan Weichert über seinen Film "Medienmacher von morgen"
Stephan Weichert spricht über die Zukunft der Medien, über den Newswahn, den wir im digitalen Zeitalter täglich erleben und darüber, wie Journalismus verbessert werden kann.
Mehr Videos aus dem Bereich Interview

Meike Winnemuth – 12 Städte in 12 Monaten
Meike Winnemuth, Journalistin und Autorin, über Länder-Hopping und falsche Vorurteile.

Stephan Weichert (VOCER): Wie Social Bots die Politik verändern
Bei Social Bots geht es darum, "Massen zu mobilisieren oder eine bestimmte Stimmung wieder zu geben, die so durch Menschenhand gar nicht existieren würde", sagt Stephan Weichert. Er ist VOCER-Herausgeber und Professor für Journalismus und Kommunikationswissenschaft. Im Interview spricht er über die Gefahr von Tarn- und Fake-Accounts für die Demokratie.

Weltreise - „Panorama-Pinkeln“ und Zensur
Sie reisen um den halben Globus - Sally Meukow und Julien Wilkens sind weltreisende Blogger. Auf ihrem Ausflug um die Welt haben beide eindrucksvolle Erfahrungen auf russischen Couches, mit Chinas Zensurbehörde, Drogendealern in Nepal und „wunderschönen“ Freiluft-Toiletten in der Mongolei gesammelt.

Kim Jong-Un: Tyrann oder kluger Taktiker? Fragen an Prof. Köllner
Drohungen gegen den Westen, Machtdemonstrationen mit Raketen. Nach innen gibt sich Kim Jong-Un als mächtiger Held, von außen betrachtet ist er ein wahnsinniger Tyrann. Was bezweckt der „Oberste Führer“ von Nordkorea? Der Experte Patrick Köllner gibt Antworten.

Alex Diehl ("Nur ein Lied") zum ESC!
Nach dem Terror von Paris ist Alex Diehls „Nur ein Lied“ zum viralen Hit geworden. Warum ein "Wut-Baby" den erfolgreichen Song möglich gemacht hat, erklärt er im Interview. Bloß keine Angst haben, "sonst hätten die gewonnen" - sagt Songwriter Alex Diehl. „Jeder versucht, den großen Hit zu schreiben“, aber der Sänger landete diesen ganz unverhofft aus einem schrecklichen Anlass, den Terroranschlägen von Paris. Voller Schock, Trauer und Wut komponierte er spontan seine persönliche Reaktion auf die Attentate und stellte den Song ins Netz. „Nur ein Lied“ wurde über Nacht zum viralen Hit. Der Song sammelte innerhalb weniger Stunden 150.000 Likes auf Facebook - und wurde prompt von anderen Musikern online gecovert.

"Elbphilharmonie ist ein Weltwunder" - Intendant Christoph Lieben-Seutter
Lange Zeit war sie als Baudesater verschrien und vielen Hamburgern ein Dorn im Auge. Jetzt steht die Elbphilharmonie kurz vor ihrer Eröffnung und erfreut sich eines großen Hypes. Tickets für die begehrten Konzerte werden auf dem Schwarzmarkt bereits für mehrere Hundert Euro gehandelt. Auf eine Person sind in diesen Tagen alle Augen gerichtet: Elbphilharmonie-Intendant Christoph Lieben-Seutter. Im Interview spricht er über den Erfolgsdruck, das Programm und seine Lieblings-Konzerte in dem neuen Musikhaus an der Elbe.