Interview Von Weizsäcker 3/3: Dankbarkeit in der Politik
Interview Von Weizsäcker 3/3: Dankbarkeit in der Politik
Richard von Weizsäcker und Helmut Kohl – eine gespannte Beziehung. Teil 3 von 3.
Den Bundespräsidenten und den Bundeskanzler trennten zehn Lebensjahre, ein Zaun zwischen ihren Amtssitzen in Bonn – und sehr unterschiedliche Auffassungen zur Macht.Sie lernten sich in den 60er Jahren kennen und stiegen gemeinsam in der CDU auf. Erst in Rheinland Pfalz, später in der Bundespolitik. Während Helmut Kohl viele Jahre lang als Provinzpolitiker belächelt wurde, galt von Weizsäcker als weltmännisch und wurde Liebling der Medien. Das wurmte Kohl und schmeichelte von Weizsäcker. Doch Kohl konnte sich trösten: Er hatte die Macht, von Weizsäcker nur die Macht des Wortes.
Richard von Weizsäcker wurde am 15. April 1920 in Stuttgart geboren. Er trat 1954 in die CDU ein. Ohne die Begegnung mit dem ehrgeizigen CDU-Parteipolitiker Helmut Kohl (Jahrgang 1930) wäre die Karriere von Weizsäckers vermutlich anders verlaufen. Der Jüngere hat den Aufstieg des Älteren über Jahrzehnte gefördert. 1968 wurde von Weizsäcker von Helmut Kohl zum ersten Mal als CDU-Kandidat bei der Wahl des Bundespräsidenten vorgeschlagen, 1974 erneut. 1981 wurde Richard von Weizsäcker zunächst Regierender Bürgermeister von Berlin, 1984 schließlich Bundespräsident – und bleib es bis 1994. Helmut Kohl war wenige Jahre zuvor, 1982, Bundeskanzler geworden und blieb 16 Jahre lang im Amt. Beide prägten in diesen Jahren Politik und Gesicht der Bundesrepublik. Doch immer wieder kam es zu Konflikten zwischen den beiden Parteifreunden: Während der Flick-Spendenaffäre 1984, auch in der Zeit der Wiedervereinigung 1990. Aber Richard von Weizsäcker war auch voller Respekt vor Kohls Leistungen als Kanzler nach dem Mauerfall und insbesondere bei der Einführung des Euro.
Der Bruch kam 1999/2000. Als Richard von Weizsäcker während der CDU-Spendenaffäre – wie andere Parteifreunde – auf Distanz zu Helmut Kohl ging, wurden die Spannungen zwischen Altkanzler und Altbundespräsident öffentlich deutlich. Helmut Kohl warf Richard von Weizsäcker „Undankbarkeit“ vor, von Weizsäcker konterte in dem hier gezeigten Interview mit der Bemerkung „Parteien haben Interessen“ und empfahl, in der Politik „nicht so viel herumzufahren mit der Vokabel Dankbarkeit“.
Zum Tode von Richard von Weizsäcker zeigt dbate.de das Interview exklusiv in voller Länge. Das Gespräch mit dem Altbundespräsidenten führten Stephan Lamby und Michael Rutz im Jahr 2003 als Teil der NDR/ARD-Dokumentation „Helmut Kohl – ein deutscher Kanzler“. Richard von Weizsäcker spricht darin offen über den gemeinsamen Lebensweg mit Helmut Kohl, über ihre Konkurrenz und über Sternstunden jüngerer deutscher Geschichte.
Teil 1: Aufstieg mit Helmut Kohl und Wiedervereinigung
Teil 2: Machtkämpfe in der CDU
Teil 3: Dankbarkeit in der Politik und Einführung des Euro
Veröffentlicht am: 11.02.2015 in Interview
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