Interview "Racial Profiling" in Deutschland: Interview mit Sozialwissenschaftler Tsianos
Interview "Racial Profiling" in Deutschland: Interview mit Sozialwissenschaftler Tsianos
Der umstrittene Silvester-Einsatz der Kölner Polizei hat eine Debatte um „Racial Profiling“ ausgelöst. Was bedeutet „Racial Profiling“, welche gesetzlichen Regulierungen gibt es und wie sieht es in der Praxis aus? Interview mit Professor Vassilis Tsianos, Sozialwissenschaftler an der Fachhochschule Kiel, über die Debatte zum Phänomen „Racial Profiling“ in Deutschland.
Darf man Menschen aufgrund bestimmter ethnischer Merkmale besonders stark ins Visier nehmen und kontrollieren? Weil die Kölner Polizei mit vermeintlichen Intensivtätern aus Nordafrika (von der Kölner Polizei auf Twitter „Nafris“ genannt) so verfahren ist, wird nun über diese Frage in Deutschland diskutiert. Hintergrund der scharfen Kontrollen: In der Kölner Silvesternacht 2015/16, die einen internationalen Skandal verursacht hat, waren überwiegend junge Nordafrikaner für zahlreiche sexuelle Übergriffe und Diebstähle verantwortlich. Nun wurden besonders nordafrikanisch aussehende Männer streng kontrolliert.
Amnesty International fordert wegen Untersuchung wegen „Racial Profiling“
Ist das rassistisch, gar rechtswidrig? Amnesty International sieht in dem Vorgehen der Polizei „Racial Profiling“ und fordert eine unabhängige Untersuchung. „Nicht alle Formen von Diskriminierung seitens der Polizei sind unbedingt rassistisch“, sagt der Sozialwissenschaflter Vassilis Tsianos und ergänzt, „aber wir müssen darüber diskutieren. Dafür sind Untersuchungskommissionen wichtig.“
Professor Vassilis Tsianos hat sich ausgiebig mit kriminologischem Profiling beschäftigt und dazu geforscht. Im Interview erklärt er, welche gesetzlichen Regulierungen es gibt und wann Profiling als rassistisch bezeichnet werden muss.
Veröffentlicht am: 04.01.2017 in Interview
Related Videos

Silvesternacht in Köln: Protokoll einer Betroffenen
"Hätte ich auf dem Boden gelegen, wären mir selbst noch die Schuhe von den Füßen geklaut worden", sagt Sabrina F. Als Frau wurde man wie „ein Fleischstück durch die Gegend geschubst“. Die junge Frau aus Osnabrück ist eines der Opfer der Kölner Silvesternacht. Jener Nacht, die zu einer Zäsur in der Flüchtlingsdebatte geführt hat, die einen tiefen Riss in der Gesellschaft hinterlassen hat – und die, weit über die Stadtgrenze hinaus, Köln zu unrühmlicher Popularität verhalf.

"Nafri ist nicht rassistisch" - Chef der Bundespolizeigewerkschaft
Die Kölner Polizei stand nach der Silvesternacht 2015/16 in der Kritik, nicht präsent genug gewesen zu sein. Ein Jahr später ist die Polizei nun wegen der gezielten Kontrollen von nordafrikanisch-aussehenden Männern und einem verhängnisvollem Tweet Rassismusvorwürfen ausgesetzt. Interview mit Ernst G. Walter, Vorsitzender der Bundespolizeigewerkschaft, zum Einsatz der Kölner Polizei.

"Nafris" - Ist das Vorgehen der Kölner Polizei gerechtfertigt?
Kurz nach der Silvesternacht 2016-2017 steht die Kölner Polizei erneut in der Kritik. Nach den massenhaften sexuellen Übergriffen in der Silvesternacht 2015-2016 hatte die Polizei dieses Jahr Hunderte Männer am Platz vor dem Kölner Hauptbahnhof eingekreist und kontrolliert. Nach Angaben der Polizei seien diese Männer "Nafris" (kurz für Nordafrikaner) und gehörten einer bestimmten "Klientel" an.

"Gib' deinen deutschen Pass ab"
"Leute, packt doch einfach eure Klamotten und geht nach Hause". Viele Menschen wenden sich gegen Flüchtlinge oder gegen Ausländer allgemein. Was sagt ein Mann, der selbst einst aus dem Kongo nach Deutschland kam?

Abschiebegesetz verschärfen - Ja/Nein?
Nach der Neujahrsnacht mit über 150 Anzeigen wegen Diebstahls und sexueller Übergriffe in mehreren deutschen Städten diskutieren Presse und Politiker über die Vorfälle und fordern teils harte Konsequenzen. "Junge Männer aus Nordafrika" und "arabisch aussehende" Männer seien für die Übergriffe verantwortlich, hieß es von der Kölner Polizei. Bleibt die Frage: Waren tatsächlich Flüchtlinge? Und wenn ja, wie sollte man dann mit den Straftätern umgehen?
Mehr Videos aus dem Bereich Interview

Interview mit Christoph Hey von Ärzte ohne Grenzen
Christoph Hey ist Projektkoordinator bei Ärzte ohne Grenzen und war von Juni bis September 2019 in dem libyschen Internierungslager in Zintan tätig.

Meike Winnemuth – 12 Städte in 12 Monaten
Meike Winnemuth, Journalistin und Autorin, über Länder-Hopping und falsche Vorurteile.

DFB-Präsident Grindel über das Fußball-Jahr 2016
Es war ein bewegtes Jahr für den Deutschen Fußball-Bund. Der Verband blickt zurück auf die Fußball-Europameisterschaft der Männer, eine Gold- und eine Silbermedaille bei den Olympischen Spielen, aber auch auf die Aufarbeitung der Sommermärchen-Affäre. Aktuell gibt es viel Streit um die TV-Übertragung der Olympischen Spiele. Im Interview mit Stephan Lamby zieht DFB-Präsident Reinhard Grindel Bilanz.

Interview mit Caspar Ibel - Mitbegründer der Plattform PluraPolit
Seit Anfang Februar gibt es die Seite PluraPolit. In kurzen Audio-Statements geben Politiker und Experten ihre Meinungen zu bestimmten Fragen ab.

Martin Sonneborn (DIE PARTEI) über Satire und Politik
„Ich glaube schon, dass Satire ein Korrektiv sein kann“ – das sagt Martin Sonneborn über Satire in der Politik. Er ist Vorsitzender der Partei DIE PARTEI. Doch wie sinnvoll ist Humor im Politikbetrieb wirklich? Was würde Sonneborn, der immerhin im EU-Parlament sitzt, an der Europäischen Union gerne ändern?

Brüssel-Korrespondent: "Wir haben darauf gewartet"
Stille in der belgischen Hauptstadt. Nichts geht mehr. Chefredakteur vom EUobserver Eric Maurice über die Situation in Brüssel.