Interview Von Syrien nach Deutschland - so war meine Flucht
Interview Von Syrien nach Deutschland - so war meine Flucht
Von Syrien nach Deutschland: Was muss passieren, damit ein syrischer Architektur-Student die gefährliche Flucht nach Deutschland auf sich nimmt? In diesem Video erzählt der junge Student B. von der gescheiterten Revolution in Syrien, seiner Flucht nach Europa und einer unangenehmen Begegnung mit Frontex-Mitarbeitern in Griechenland. Ein Video-Beitrag von Niklas Rathsmann, Daniel Hawiger und Serafin Alheger.
B. ist Mitte 20. Aufgrund seiner illegalen Einreise in die EU will er lieber unerkannt bleiben. B. ist 2012 aus seiner Heimat Syrien geflohen. Mit diesem Video soll seine Geschichte und seine Flucht nach Deutschland rekonstruiert werden. Der Syrer lebt seit mittlerweile einigen Monaten in Berlin. Bis zu seiner Flucht nach Europa hat B. Innenarchitektur an der Universität Damaskus studiert. Als der Arabische Frühling Syrien erreicht, geht B. auf die Straße, um gegen Machthaber Baschar al-Assad zu demonstrieren. Doch die Revolution nimmt eine dramatische Wendung. Aus den anfänglich friedlichen Protesten entwickelt sich ein brutaler Bürgerkrieg. Als die Lage für ihn immer gefährlicher wird, beschließt der Student seine Heimat zu verlassen und bricht nach Europa auf.
Syrien, Istanbul und Weiterreise nach Europa
Nachdem B. über die Grenze in die Türkei geflüchtet ist, verbringt er die ersten beiden Monate im türkischen Gaziantep. Danach zieht er nach Istanbul. Doch in der Millionen-Metropole wollen viele an den Flüchtlingen und ihrer Situation verdienen. B. findet ein regelrechtes Schlepper-Geschäft vor. Mit Gelegenheitsjobs schafft der Syrer sich über Wasser zu halten. Er verkauft Bosporus-Bootsfahrten an Touristen, kellnert und jobbt in einer Textilfabrik. Weil syrische Staatsbürger ohne Genehmigung eigentlich gar nicht in der Türkei arbeiten dürfen, sind Bezahlung und Arbeitsbedingungen schlecht. Sein Leben in Istanbul ist sehr unbeständig. Von Freunden, die nach Deutschland geflüchtet sind, erfährt B., dass Syrer in Deutschland „gut behandelt werden“. Er will nach Deutschland, um dort Asyl zu beantragen.
Festnahme in Griechenland, Rückführung in die Türkei
Von Istanbul aus reist B. nach Edirne, eine 160.000 Einwohnerstadt an der türkisch-griechisch-bulgarischen Grenze. In der Dunkelheit macht sich B. mit anderen Flüchtlingen auf den Weg nach Griechenland. Nach sechs Stunden Fußmarsch und einer schwierigen Flussüberquerung gelangen sie in das kleine griechische Grenzdorf Orestias. Auf der Suche nach einer Möglichkeit, weiter ins Landesinnere zu kommen, gehen sie in eine Bar und fragen nach einem Taxi. Der Barbesitzer versichert ihnen, ein Taxi zu rufen. Stattdessen verständigt er die Polizei. B. und die anderen Flüchtlinge werden von der Polizei aufgegriffen und in Abschiebehaft genommen. Sie verbringen drei Tage im Gefängnis, bis sie von Frontex-Mitarbeitern in die Türkei gebracht werden.
Übers Mittelmeer nach Griechenland, mit Flugzeug in die Schweiz
Nach dem erfolglosen Versuch, zu Fuß in die EU zu gelangen, geht B. zurück nach Istanbul. Von einem Freund erfährt er, dass das Risiko von Frontex aufgegriffen zu werden, deutlich geringer ist, wenn man in einem Schlepper-Boot über die Ägäis nach Griechenland einreist. Er nimmt Kontakt zu einem Schlepper auf. Für rund 1.000 Euro bekommt er einen Platz in einem kleinen Boot. Dieses bringt ihn und einige andere Flüchtlinge von der türkischen Hafenstadt Izmir auf die griechische Insel Lesbos. Hier erhält B. eine Aufenthaltsgenehmigung für drei Monate. Mal zeltet er am Strand, mal in den Bergen. Bevor seine Aufenthaltserlaubnis endet, überlegt er sich, wie er nach Deutschland kommen kann. Auf Kreta wird er von einem Mann angesprochen, der gefälschte Ausweise für Flüchtlinge anbietet. B. nimmt an.
Im Gegensatz zu vielen anderen Geflüchteten, bleibt B. die sogenannte Balkanroute erspart. Sein neuer Pass erlaubt ihm, innerhalb der EU zu fliegen. Der Plan geht auf. Mit dem Flugzeug landet B. in der Schweiz und reist von dort aus mit dem Bus nach Deutschland.
Ein Video-Beitrag von Niklas Rathsmann, Daniel Hawiger und Serafin Alheger.
Veröffentlicht am: 26.09.2016 in Interview
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