Interview "Wer hat die Deutungshoheit?" – Alexander von Streit über einen neuen Journalismus
Interview "Wer hat die Deutungshoheit?" – Alexander von Streit über einen neuen Journalismus
Steckt der Journalismus in der Krise – und wenn ja, wie tief? „Journalisten sind nicht mehr die Einzigen, die entscheiden, ob etwas stimmt oder nicht stimmt“, sagt Alexander von Streit (Krautreporter). Muss einem das Angst machen? Nein – im Gegenteil.
Der freie Meinungsraum, den uns das Internet zur Verfügung stellt, ist eine wichtige Errungenschaft. Das Problem ist eher, dass wir noch keine Mechanismen haben, um vernünftig mit diesem Meinungsraum umzugehen. Der Medientheoretiker McLuhan behauptete, lange vor der Geburt der Sozialen Medien, dass die „neue elektronische Interdependenz […], die Welt zu einem globalen Dorf um[formt].“ In der logischen Konsequenz ist unsere Facebook-Timeline dann nichts anderes als der digitale Stammtisch, weil die Interdependenz auf Algorithmen basiert, die ganz darauf programmiert sind, es uns so gemütlich und heimatlich wie möglich zu machen. Das ist so bequem wie gefährlich.
Journalismus in der Krise?
Wir sollten uns also mit eben diesen Mechanismen der neuen Medien besser bekannt machen, um zu verstehen, wie sie funktionieren. Medienkompetenz sei für Nutzer, als auch für Politiker von elementarer Bedeutung, so von Streit im dbate-Interview. In Zeiten massiven Vertrauensverlustes, ist die Herausforderung für Journalisten groß: „Wir müssen diskutieren, aber wir dürfen uns nicht anbiedern!“ Wie gelingt dieser Spagat?
Alexander von Streit ist Chefredakteur und Mitgründer von Krautreporter und beschäftigt sich außerdem seit Jahren mit dem Spannungsfeld von Technologie, Medien und Gesellschaft.
dbate-Reporterin Denise Jacobs hat sich auf dem VOCER Innovation Day in Hamburg umgehört. Ist es reine Unternehmensideologie, dass das Internet ein öffentlicher Raum ist, in dem sich Demokratie besser entfalten kann als in traditionellen Institutionen? Facebook-Gründer Marc Zuckerberg verneinte zunächst den Vorwurf, dass Fake News den Wahlsieg von Donald Trump beeinflusst hätten. Jetzt lenkt er ein und entschloss sich kurzerhand doch für Maßnahmen gegen Falschmeldungen. Auf dem VOCER Innovation Day suchen Journalisten und Medienexperten nach Antworten auf diese drängenden Fragen?
Gemeinsam mit namhaften Praktikern aus dem In- und Ausland, erfahrenen Coaches und engagierten Teilnehmern hat sich der VOCER Innovation Day vorgenommen, innovative Konzepte für den Journalismus von morgen zu entwickeln. Denn: Die einzige Konstante im Journalismus ist die Veränderung. Der VOCER Innovation Day 2016 spürte den neuesten internationalen Trends nach und stellte in Talks und Sessions Fragen, die für die gesamte Branche – und Ihre Rezipienten – relevant sind: Wie kommunizieren Bots mit den Lesern? Wann schafft VR den Durchbruch? Und wie kommt das Neue in den Journalismus?
Veröffentlicht am: 06.12.2016 in Interview
Related Videos

Björn Staschen (NDR) zu Fake News: Facebook in die Pflicht nehmen
"Populismus muss man entlarven durch Fakten und Gegenrede". Björn Staschen ist Leiter des „Next News Lab“ des NDR. Im Interview spricht er über die inhaltliche Verantwortung von Facebook und Twitter und über die Bedeutung von Zivilcourage im Netz.

Soziale Medien und Meinungsbildung – Stimmen vom #vid16
Du bist, was Du liest! Spätestens die US-Wahlen haben gezeigt, dass die sozialen Medien ein wichtiges Instrument im Wahlkampf sind. Vermutlich sind die digitalen Technologien sogar wahlentscheidend gewesen. Vom arabischen Frühling hin zur amerikanischen Eiszeit – sind soziale Medien nun Fluch oder Segen für die Demokratie?

Verschwörungstheorien und Fake News als Wahlkampfmittel
Obama ist nicht in den USA geboren. Den Klimawandel gibt es nicht: mit solchen Verschwörungstheorien ist der künftige US-Präsident Donald Trump erfolgreich auf Wählerfang gegangen. Auch in Europa werden Verschwörungstheorien und Falschmeldungen – sogenannte Fake-News – zunehmend als Wahlkampfmittel eingesetzt. Warum wird die Wahrheit abgeschafft und was bedeutet das für künftige Wahlkämpfe? Drei Wissenschaftler kommentieren und erklären.

Stephan Weichert (VOCER): Wie Social Bots die Politik verändern
Bei Social Bots geht es darum, "Massen zu mobilisieren oder eine bestimmte Stimmung wieder zu geben, die so durch Menschenhand gar nicht existieren würde", sagt Stephan Weichert. Er ist VOCER-Herausgeber und Professor für Journalismus und Kommunikationswissenschaft. Im Interview spricht er über die Gefahr von Tarn- und Fake-Accounts für die Demokratie.

„Demokratisches System stößt an seine Grenzen“ – Thilo Kößler (DLF) zu Trumps Wahlsieg
Die Überraschung ist perfekt: Donald Trump wird nächster Präsident der USA. Wie konnte das passieren? Und welche Folgen hat die Wahl für Europa? Thilo Kößler, Washington-Korrespondent vom Deutschlandfunk, über eine dramatische Wahlnacht, die Stimmung in den USA und gefährdete Demokratien.
Mehr Videos aus dem Bereich Interview

#Corona-Interviews: Stefanie Dodt über Corona in New York
"Die New Yorker können dem Reflex, anzupacken, nicht nachkommen", sagt Stefanie Dodt. Sie berichtet als ARD-Korrespondentin.

"Sowas habe ich noch nie erlebt" - LINKE-Politikerin zu Neonazi-Konzert in Themar
6.000 Neonazis feiern ausgelassen bei einem Rechtsrock-Festival im thüringischen Themar – "Heil"-Rufe und Hitlergruß inklusive. Deswegen ermittelt nun die Polizei, die während des Festivals nicht eingegriffen hatte. Doch die Diskussion geht noch viel weiter: Was muss unsere Gesellschaft eigentlich aushalten? dbate-Interview mit Katharina König-Preuss (LINKE-Abgeordnete in Thüringen), die als Parlamentarische Beobachterin vor Ort war.

Dr. Karakayali: „Fremdenfeindlichkeit ist allgegenwärtig“
Positiv sei, dass es in Deutschland rund 70 Prozent mehr Ehrenamtliche in der Flüchtlingshilfe als in den letzten Jahren gibt. „Die Bereitschaft in der Bevölkerung zu helfen ist da“, sagt Karakayali im Skype-Talk mit Kyra Funke. Auf der anderen Seite würden die deutsche Flüchtlingspolitik und die zuständigen Behörden, den Asylbewerbern Steine in den Weg legen.

"Böhmermann in den Knast!" – TITANIC-Chef
Ist Jan Böhmermann mit seinem Erdogan-Schmähgedicht zu weit gegangen? „Na klar!", meint der Chef des Satiremagazins TITANIC Tim Wolff. Frech fordert er: „…steckt ihn drei oder fünf Jahre ins Gefängnis." Wir haben mit dem Berufs-Satiriker über Grenzen von Satire, Konflikte mit dem Gesetz und die Bundeskanzlerin gesprochen. Bitte nicht zu ernst nehmen.

Interview: Wie tickt Jan Böhmermann?
Er provoziert, er nervt, er unterhält. Jan Böhmermann ist "die Hoffnung der deutschen TV-Unterhaltung“. Ist das ein Lob oder ein Schimpfwort?

Feind, Todfeind, Parteifreund - Erwin Huber 1/3