Interview "Russland wollte den Eklat" - Jan Feddersen zum ESC 2017
Interview "Russland wollte den Eklat" - Jan Feddersen zum ESC 2017
Die russische Sängerin Julia Samoylova ist auf der von Russland besetzten Krim aufgetreten. Deshalb darf sie jetzt nicht am ESC 2017 in der Ukraine teilnehmen. Ein von Russland bewusst provozierter Eklat? „Ja“, sagt ESC-Experte Jan Feddersen. Interview über Europas größte Musik-Show, die eigentlich nie politisch sein wollte…
Der Eurovision Song Contest findet dieses Jahr in Kiew statt – und das unter besonderen Umständen. Zuvor hatte es einen Eklat gegeben. Im russischen Fernsehen wurde Sängerin Julia Samoylova für den ESC in der Ukraine ausgewählt. Das Problem: die Sängerin war zuvor auf der von Russland annektierten Krim aufgetreten. Für die ukrainischen Behörden ein Grund, der russischen Sängerin für mehrere Jahre die Einreise in die Ukraine zu verwehren. Russland hatte die ukrainische Halbinsel Krim 2014 nach der Maidan-Krise annektiert. Nun weigert sich der russische TV-Sender das Musik-Event zu übertragen.
Von den politischen Spannungen zwischen Russland und der Ukraine bekommt man vor Ort aktuell allerdings wenig mit, sagt NDR-Journalist und ESC-Experte Jan Feddersen im Interview. Feddersen ist derzeit in Kiew. The show must go on!
Samoylova sitzt im Rollstuhl. „Da wird das Mitleid mit Menschen mit Behinderungen von Russland instrumentalisiert“, sagt Feddersen. Doch auch die Ukraine hat sich durch den Vorfall selbst einen Imageschaden zugefügt.
ESC in Kiew: Jamala singt „1944“
Die Vorjahresgewinnerin Jamala wird beim ESC ihren Siegersong „1944“ noch einmal performen. Das Lied wurde von russischer Seite damals stark kritisiert, da Jamala darin über die Vertreibung ihrer Vorfahren singt. Eine große Parallele zur Krim-Krise. Die Europäische Rundfunkunion (EBU) hatte den Song dennoch zugelassen.
Chancen für Deutschland?
In den Wetten steht Deutschland mit der diesjährigen Teilnehmerin Levina mal wieder schlecht dar. Aber woran liegt das eigentlich? Die Lieder müssen auch international funktionieren, sagt Feddersen. „Deutschland ist einfach nicht so nah an der europäischen Pop-Entwicklung, wie es selbst glaubt.“
Foto ESC: Andres Putting
Veröffentlicht am: 12.05.2017 in Interview
Related Videos

Die 10 schrägsten ESC-Momente
Bevor am Samstag der 61. Eurovision Song Contest in Stockholm stattfindet, blickt dbate noch einmal zurück und zeigt die 10 skurrilsten ESC-Auftritte der letzten zehn Jahre.

Meine Revolution - Videotagebuch aus Kiew
In „Meine Revolution – Videotagebuch aus Kiew“ berichten Augenzeugen eindrücklich von der Revolution und ihren Folgen. Wie kam es zum Ausbruch der Gewalt? Nachdem die ukrainische Regierung die Unterzeichnung des EU-Assoziations-Abkommen verweigerte, begannen im November 2013 die "Euromaidan"-Demonstrationen in Kiew. Im Februar 2014 spitzen sich die Ausschreitungen zwischen Demonstranten und der Polizei schließlich zu. Augenzeugen sprechen darüber, wie sie selbst die Eskalation der Proteste und die Entmachtung von Präsident Janukowitsch erlebten.

ESC-Experte Jan Feddersen über Xavier Naidoo
Jan Feddersen kennt sich aus. Er ist ein regelrechter "Eurovision Song Contest"-Experte. Für den NDR moderiert er sogar den jährlich stattfindenden ESC. Fedddersen versteht die Aufregung um die ARD-Nomierung, Xavier Naidoo als Deutschland-Vertreter zum ESC zu schicken, nur bedingt. "Einen erfolgreicheren Pop-Künstler hat es in Deutschland in den letzten 15 Jahren nicht gegeben", sagt er im Skype-Interview, "selbst ein Westernhagen kann da nicht mithalten." Vielmehr glaubt Feddersen an positive Effekte durch die ARD-Nominierung Naidoos: "Da ist Auseinandersetzung und Kontroverse mit dabei. Das ist kein langweiliges Ding."

Alex Diehl mit "Nur ein Lied" beim ESC
Nun nimmt der Songwriter mit seinem Facebook-Hit „Nur ein Lied“ am ESC-Vorentscheid teil.

ESC 2016: Interessiert Euch das?
Am Samstag ist es soweit: das große Finale des Eurovision Song Contest 2016 findet in Stockholm statt. Doch wer interessiert sich überhaupt für das Event? Und wisst Ihr, wer Deutschland beim ESC 2016 vertritt? Wir haben uns in Hamburg umgehört.

Alex statt Xavier: #Alex12points
Auf den hagelnden Shitstorm folgte der Rückzug der Nominierung. Xavier Naidoo tritt nicht mehr für den Eurovision Song Contest an und stellt Deutschland somit wieder vor die alles entscheidende Frage: Wer vertritt uns beim Eurovision Song Contest 2016 - und bekommt mehr als 0 Punkte?
Mehr Videos aus dem Bereich Interview

"Mehr rechte Hooligans in der Öffentlichkeit" - Fan-Experte zur EURO2016
Die Hooligans sind zurück! Jahrelange war kaum etwas von ihnen zu sehen, mit der EURO2016 melden sie sich wieder zurück. Insbesondere russische und englische Hooligans haben die mediale Berichterstattung dominiert, doch auch deutsche Hooligans haben sich nicht mit Ruhm bekleckert. Michael Gabriel, Leiter der vom DFB-geförderten "Koordinationsstelle Fanprojekte" spricht über Hooligan-Gewalt bei der Europameisterschaft in Frankreich.

Ruhrbarone.de: Bloggen über Bloggen reicht nicht
Für Stefan Laurin, Gründer des Blogs Ruhrbarone, „macht es keinen Sinn zwischen Bloggen und Journalismus zu unterscheiden.“

Helmut Kohl über Helmut Schmidt
Politisch und persönlichen lagen Kohl und Schmidt während ihrer aktiven Zeit als Politiker weit auseinander. Und auf Distanz blieben sie auch danach. Helmut Kohl sagt in seinem letzten großen TV-Interview (2003): "Die Vorstellung, dass wir uns zusammensetzen und ein Glas trinken und mal ganz entspannt miteinander reden, diese Vorstellung hatte ich mit ihm eigentlich nie gehabt."

Soziale Medien und Meinungsbildung – Stimmen vom #vid16
Du bist, was Du liest! Spätestens die US-Wahlen haben gezeigt, dass die sozialen Medien ein wichtiges Instrument im Wahlkampf sind. Vermutlich sind die digitalen Technologien sogar wahlentscheidend gewesen. Vom arabischen Frühling hin zur amerikanischen Eiszeit – sind soziale Medien nun Fluch oder Segen für die Demokratie?
![[Unbenannt]](https://dbate.de/stage/wp-content/uploads/2015/02/Unbenannt.jpg)
Laura Poitras über Citizenfour
Interview mit Regisseurin Laura Poitras über ihren Snowden-Film "Citizenfour".

Kathrin Weßling: "Social Media ist meine erste Informationsquelle"
Beim VOCER Innovation Day 2015, der am 20. Juni im SPIEGEL-Haus in Hamburg stattgefunden hat, konnte man Kathrin Weßling zusammen mit Daniel Bröckerhoff bei einem Workshop erleben