Doku Miles Davis - Geschichte eines verschollenen Interviews
Doku Miles Davis - Geschichte eines verschollenen Interviews
Sie nannten ihn „Prince of Darkness“ – auch, weil sich der Trompeter gerne versteckte. Nicht seine physische Erscheinung verbarg er – Miles Davis stand jahrzehntelang auf der Bühne, wurde fotografiert und gefilmt. Miles Davis wollte seine Gefühle nicht zeigen. Was er zu sagen hatte, teilte er mit seiner Trompete mit. Das musste reichen.
Auch langjährige Mitmusiker wussten selten, was Miles Davis dachte und fühlte. Immer wieder kehrte er seinem Publikum den Rücken zu. Wortwörtlich, auf der Bühne. Und auch im übertragenen Sinn – Miles Davis gab jahrelang kaum Interviews.
So war es eine kleine Sensation, als Miles Davis 1985 doch einmal mit einem Journalisten sprach. Und die Umstände waren ebenso ungewöhnlich: Miles Davis hatte ein Mitternachtskonzert in der Hamburger Staatsoper gespielt und kam sehr spät in der Nacht in sein Hotel. Dort warteten drei junge Typen und baten um eine Audienz. Miles war noch nicht müde und sagte überraschend: „Okay, let´s do it“. So konnte Stephan Lamby von 4- 5 Uhr morgens mit Miles Davis sprechen, Wigand Koch filmte die Szene und Arno Declair machte Fotos.
Das verschollene Tape des Miles Davis-Interviews
Aber es gab Probleme: Die Kameraausrüstung war mangelhaft – ein halbdefekter U-Matic-Rekorder. Und es gab keinen Scheinwerfer. Dennoch freuten sich die drei Miles-Davis-Fans wie Bolle über ihren Scoup. Und fertigten mit Hilfe des Cutters Roland Musolff ein kleines Video an. Dieses Band kursierte bald in den Kreisen von eingefleischten Miles-Davis-Fans. Und verschwand.
Dreißig Jahre lang war das Video – und somit das Interview – verschollen. Und wurde erst vor kurzem in einem Hamburger Filmarchiv wieder entdeckt. Die Magnetkraft des U-Matic-Videos hat erheblich an Kraft verloren. Oft ist vor lauter Schatten und Unschärfe kaum etwas zu erkennen – irgendwie passend zum „Prince of Darkness“. Was bleibt, ist die Musik von Miles Davis. Und seine einzigartige Stimme.
dbate zeigt das Interview-Video in seiner 1985 gestalteten Form. Eine kleine Zeitreise.
Veröffentlicht am: 28.09.2016 in Doku
Related Videos
100 Jahre Billie Holiday
Eine Stimme wie keine andere. Sie erzählte von Männern, Drogen, Misshandlungen. Sie erzählte vor allem von ihr selbst.
"Prince tanzte vor mir" – Tom Glagow über eine Nacht mit Prince
Es war ein lauer Spätsommerabend, der 31. August 1988. Da spielte der kleine-große Rockmusiker im Hamburger Millerntorstadion. Dort, wo sonst der FC St. Pauli seine Heimspiele austrug. Anwohner beschwerten sich scharenweise wegen des Lärms. Aber die, die Prince wirklich zuhörten, waren begeistert.
Nils Wülker über Roger Cicero
"Er hat immer alles gegeben". Interview mit Jazztrompeter Nils Wülker über den Jazzsänger Roger Cicero. Und über die Arbeitsbedingungen von Jazzmusikern in Deutschland.
Roger Cicero über sein letztes Projekt "Cicero sings Sinatra"
Roger Cicero im Interview mit radioBERLIN-Musikchef Jürgen Jürgens über sein letztes Projekt "Cicero sings Sinatra". Das Video wurde am 26. März, nur einen Tag nach Ciceros plötzlichem Tod, auf YouTube hochgeladen.
Zu früh! Roger Cicero ist tot
Zu früh! Jazzmusiker Roger Cicero ist im Alter von 45 Jahren an einem Hirnschlag gestorben. Wir zeigen seinen bewegenden Song "Ich Hätt So Gern Noch Tschüss Gesagt" von 2010.
Mehr Videos aus dem Bereich Doku
Der Kampf um die Kohle: Wie Heimat zerstört wird
Seit Jahrzehnten wächst ein Braunkohle-Tagebau im Westen Kölns – allen Klimabedenken zum Trotz. Fünfzig komplette Dörfer verschwanden bislang, zehntausende Bewohner wurden zwangsweise umgesiedelt. Ein über 10.000 Jahre alter Wald wurde bereits zu achtzig Prozent abgeholzt. Nobert Winzen lebt mit seiner Großfamilie im idyllischen Dörfchen Keyenberg direkt neben dem Tagebau. Noch.
Freiheit, Gleichheit, Demokratie – Mein Protest in Polen (Web-Doku)
Polen steckt in einer politischen Krise. Die nationalkonservative Regierung beschneidet zunehmend die Freiheiten der Bürger. Doch diese bleiben nicht stumm: Die Proteste mündeten bereits im freiwilligen Tod eines Demonstranten. Ist die Demokratie in Polen noch zu retten?
Meine Weltreise – mit 50 Euro um die Welt
Wer eine Weltreise plant, muss lange sparen. Falsch! Christopher Schacht hat sich mit nur 50 Euro auf den Weg gemacht und war vier Jahre unterwegs. Er hat 45 Länder bereist und dabei kein einziges Flugzeug betreten. Hier ist seine spannende Geschichte.
Boliviens Todesstraße - Fahrt am Abgrund 1/3
Verkehrsregeln? Keine. Wenden und Überholen? Kaum möglich. Die Strecke ist bekannt für ihre vielen tödlichen Unfälle. Am Wegesrand erinnern deshalb unzählige Kreuze an die Verunglückten. Vier deutsche Touristen haben in den letzten Jahren die Todesstraße von Bolivien bewältigt - mit dem Fahrrad oder per Bus. Sie erzählen eindrücklich von der Anstrengung, der ständigen Angst und dem erhabenen Gefühl, sicher unten angekommen zu sein.
Rückkehr zur Erde
Astronaut Alexander Gerst wieder auf der Erde.
Mahsa: Die Parkour-Läuferin von Teheran
Parkour-Laufen in Teheran? Das ist heutzutage nichts Ungewöhnliches mehr. Doch in der iranischen Hauptstadt wird Parkour nicht nur bei jungen Männern, sondern auch bei jungen Frauen immer beliebter. Die 24-jährige Mahsa Rezaie ist eine von ihnen. Trotz zahlreicher gesellschaftlicher Hürden läuft, springt und klettert sie sich ihre Wege durch Teheran – über alle Hindernisse hinweg.