Interview "Trump hat nicht Unrecht" - NATO-Expertin Claudia Major
Interview "Trump hat nicht Unrecht" - NATO-Expertin Claudia Major
Ausgerechnet die USA, das stärkste Mitglied der NATO, zweifelt in Form ihres Präsidenten Donald Trump öffentlich an dem transatlantischen Verteidigungsbündnis. Ist die NATO also in Gefahr? Interview mit Claudia Major von der Stiftung Wissenschaft und Politik über strategische Neuausrichtungen des Bündnisses, die Bedeutung für Europa und was Trumps „America First“ für das Sicherheitsbündnis bedeuten könnte.
Kurz vor seinem Amtsantritt nannte US-Präsident Donald Trump die NATO in einem Interview mit der BILD-Zeitung „obsolet“. Außerdem kritisierte er die unfaire Verteilung der finanziellen Last auf große Mitglieder wie die USA. Sind Zweifel des neuen US-Präsidenten an dem Verteidigungsbündnis berechtigt? „Trump hat nicht ganz Unrecht“, so Claudia Major. Die USA sei das wichtigste Mitglied der NATO und steuere finanziell das meiste dazu bei. Mit den zunehmenden Konflikten auch innerhalb Europas wie in der Ost-Ukraine, stellt sich tatsächlich die Frage, ob es bei der NATO Erneuerungsbedarf gibt. Die Interessen Trumps scheinen zudem eher bei einer Annäherung an Russland zu liegen. Genau das könnte für das Bündnis zu einer Zerreißprobe werden, denn die Annexion der Krim durch Russland war ein klarer Bruch des Völkerrechts und steht damit im Widerspruch zu den NATO-Interessen.
Claudia Major: „NATO ist für Europa unabdingbar“
Seit der Krim-Krise 2014 befindet sich die NATO in einem deutlichen Reformprozess: weg vom Krisenmanagement, hin zur Landes- und Bündnisverteidigung. Damit bleibe die NATO für Europa „unabdingbar“, sagt Claudia Major im Interview. Es bleibt als abzuwarten, wie die Außenpolitik der USA in Zukunft aussehen wird und wohin die NATO damit steuern wird. „Fällt die USA als Führung in der NATO weg, muss die Zusammenarbeit zwischen den europäischen Mitgliedsstaaten deutlich gestärkt werden“, meint die NATO-Expertin.
Claudia Major arbeitet bei der ‚Stiftung Wissenschaft und Politik‚ und ist im „Beirat für zivile Krisenprävention“ des Auswärtigen Amtes. Sie forscht und publiziert zu den Themen NATO mit dem Schwerpunkt Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Zuletzt beschäftigte sie sich mit der Reformierung der NATO im Zuge der russischen Krim-Annexion.
Veröffentlicht am: 17.02.2017 in Interview
-
Andreas Schweitzer
Related Videos
"Rüstungsexporte können Gefahren für Europa fördern" - Prof. Brzoska im Interview
Europa befindet sich in unsicheren Zeiten. Die außenpolitische Linie des neuen US-Präsidenten Donald Trump ist kaum abzusehen. Und auch in Europa nehmen die Gefahren zu – beispielsweise durch Terrorismus. Doch wie sollten sich die europäischen Länder schützen? Professor Michael Brzoska vom Hamburger Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik über die europäische Sicherheitsstrategie und deutsche Rüstungsexporte.
Brauchen wir die NATO noch?
Manchmal fühlt es sich an, als wäre der Kalte Krieg zurück. Vor wenigen Wochen hat die NATO direkt an Russlands Grenze Krieg gespielt. Anakonda hieß das umstrittene Riesen-Manöver verschiedener Militäreinheiten. Warum wurde die NATO nochmal gegründet? Und brauchen wir das Militärbündnis heute eigentlich noch? Das probono-Magazin klärt auf.
EU-Beitrittsverhandlungen mit Türkei: "Mitgliedschaft war nie das Ziel"
Was bedeuten Erdogans Säuberungswellen in der Türkei für das Verhältnis zur EU? Sollten die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei abgebrochen werden – oder muss gerade jetzt auf Dialog gesetzt werden? CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter ist überzeugt, dass man an den Verhandlungen unbedingt festhalten müsse. Aber geht es dabei tatsächlich um die Mitgliedschaft der Türkei in der Europäischen Union? Interview über politische Strategien, die türkische Unterstützung von Islamisten und Erdogans Annäherung an Putin.
NATO Games: Mögen die Kriegsspiele beginnen
Riesige Raketenwerfer feuern aus allen Rohren, schwer bewaffnete Soldaten stürmen ein Gebäude, Kampfjets jagen durch die Luft, das Spektakel ist von martialischer Musik unterlegt. Was im ersten Moment wie ein Trailer zum neuesten Actionstreifen aus Hollywood wirkt, ist ein 'Werbevideo' für das internationale Truppenmanöver „Anakonda 16“
Mehr Videos aus dem Bereich Interview
Kann Mann Feminist sein? – Interview mit Vincent Herr
Vor 60 Jahren wurde das Gesetz zur Gleichberechtigung von Mann und Frau in Deutschland beschlossen. Doch noch immer gibt es viele Lücken, die nicht geschlossen sind. „Dabei geht es Ländern wirtschaftlich und politisch besser, wenn Männer und Frauen gleichberechtigt sind“, sagt der Feminist Vincent Herr.
"Elbphilharmonie ist ein Weltwunder" - Intendant Christoph Lieben-Seutter
Lange Zeit war sie als Baudesater verschrien und vielen Hamburgern ein Dorn im Auge. Jetzt steht die Elbphilharmonie kurz vor ihrer Eröffnung und erfreut sich eines großen Hypes. Tickets für die begehrten Konzerte werden auf dem Schwarzmarkt bereits für mehrere Hundert Euro gehandelt. Auf eine Person sind in diesen Tagen alle Augen gerichtet: Elbphilharmonie-Intendant Christoph Lieben-Seutter. Im Interview spricht er über den Erfolgsdruck, das Programm und seine Lieblings-Konzerte in dem neuen Musikhaus an der Elbe.
Christian Bussau (Greenpeace) und die Aktion "Brent Spar"
Shell will den schwimmenden Öltanker "Brent Spar" im Meer versenken und den Industrieschrott so entsorgen. Es droht eine Umweltkatastrophe. Greenpeace entscheidet sich dazu die Ölplattform zu besetzen.
Interview mit dem SPD-Spitzenkandidatenduo Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken
Interview mit dem SPD-Kandidatenduo Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken. Sie treten in einer Stichwahl gegen das Duo Olaf Scholz/Klara Geywitz an.
Dr. Karakayali: „Fremdenfeindlichkeit ist allgegenwärtig“
Positiv sei, dass es in Deutschland rund 70 Prozent mehr Ehrenamtliche in der Flüchtlingshilfe als in den letzten Jahren gibt. „Die Bereitschaft in der Bevölkerung zu helfen ist da“, sagt Karakayali im Skype-Talk mit Kyra Funke. Auf der anderen Seite würden die deutsche Flüchtlingspolitik und die zuständigen Behörden, den Asylbewerbern Steine in den Weg legen.
Reporter ohne Grenzen: "Pressefreiheit auch in Demokratien bedroht"
Die Lage für Journalisten hat sich weltweite verschlechtert. Pressefreiheit wird weiter eingeschränkt – zunehmend auch in Demokratien. Das kritisiert die Organisation Reporter ohne Grenzen in ihrem Jahresbericht. Deutschland bleibt unverändert auf Platz 16 von 180 Ländern. Doch auch hierzulande seien Journalisten zahlreichen Gefahren ausgesetzt, so der Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen Deutschland, Christian Mihr, im Interview.